Regulationstraining: Erfolgreiche Kickboxerin arbeitet als Therapeutin
Michaela Joswig, seit Jahrzehnten Mitglied im Budo SV – siehe dazu die „Hall of Fame“ arbeitet inzwischen sehr erfolgreich im Therapiebereich des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe im Hertener Schloss. Dort hat sie das Konzept des Regulationstrainings entwickelt und bemüht sich, dieses Konzept weiter zu geben und für andere Therapeuten nutzbar zu machen.
Nur ganz selten wurde bisher das Boxen unter diesem speziellen Aspekt der therapeutischen Arbeit eingesetzt und der Erfolg gibt ihr Recht.
Vorwort zum Thema „Regulationstraining“ von Michaela Joswig
Der Schwerpunkt meiner ergotherapeutischen Tätigkeit liegt in der der Arbeit mit Klienten mit Depression (mit und ohne Zusatzdiagnosen wie z.B. Persönlichkeitsstörungen oder Ängsten). Der Kampfsport bietet zahlreiche Inhalte und Möglichkeiten, die in der Psychiatrie für diese Klientel genutzt werden können. Ich wählte das Boxen, da die Grundlagen gut zu vermitteln sind und ab der ersten Stunde therapeutisch gearbeitet werden kann. Es ist physiologisch, da man in der Regel in körperlichen Komfortzonen arbeitet.
Der Körper wird nicht durch unnatürliche Überstreckung oder Haltungen zusätzlich belastet. Es steht damit unterschiedlichen Altersgruppen mit unterschiedlicher physiologischen Vorraussetzungen zur Verfügung. Die Individualität mit eigenem Rhythmus und Beweglichkeit kann (teilweise) gewahrt werden.
Boxen ist gradlinig und effektiv. Ein ständiger Wechsel von Spannung und Entspannung, wobei die Grundhaltung effizient die größtmögliche Stabilität, bei größtmöglicher Flexibilität bietet. Dies beweißt sich dem Teilnehmer unwillkürlich durch scheitern oder gelingen seiner Tat.
Die Boxtechnik und Sparringsanteile (Partnerübungen, in denen Boxtechniken und Kampfsituationen am Gegenüber geübt werden) dienen dabei häufig als Vermittler zu Situationen im Alltag. Dies verlangt einen anderen Aufbau mit anderen Schwerpunkten als ein „normales“ Boxtraining.
Oft erlangen Inhalte, die im „normalen“ Training wenig Bedeutung haben, in der Regulation zu einem großen Stellenwert, währen das Ziel des Boxers, nämlich der Kampf, vollkommen in den Hintergrund tritt.
In meiner Tätigkeit erlebe ich häufig wie angespannt meine Klienten sind und wie hilflos sie dem Gefühl der Wut und / oder Aggression gegenüber stehen. Oft können sie diese oder andere Emotionen nur schwer in Worte fassen und fühlen sich Schuldig diese Affekte in sich zu spüren. Kampfsport bietet ein gutes Ventil Gefühle in eine sinnvolle Bahn zu lenken. Ich erlebte durch mein jahrelanges Arbeiten als Kämpfer, Schüler und Trainer, was es mental, psychisch und physisch abverlangt. Man wird herausgefordert, kommt an seine Grenzen und erfährt dabei Entspannung und Stärkung.
Ich habe gesehen, wie sich Menschen durch den Sport positiv veränderten, selbstsicher wurden und sich stabil und sicher fühlten.
Dies sind Themen des Regulationstrainings, welche durch das unwillkürliche Erleben greifbarer werden. Die Klienten kommen beim Boxen ins Handeln. Sie können so in der Reflektion auf diese unausweichlichen Erfahrungen zurückgreifen und sie oft auf ihr Handeln im Alltag übertragen. Sie erleben die Wirkung ihres Tuns bei ihrem Gegenüber. Darüber gehen wir offen in den Dialog. Außerdem erhalten sie die Aufgabe, schriftlich darüber nachzudenken, was ihnen das Regulationstraining bedeutet und warum sie es als wertvolle Ergänzung zu ihrem Leben sehen.
Die Briefe sind ebenso individuell, wie ihre Menschen. Dennoch haben sie alle etwas gemeinsam: Sie zeigen, dass das Regulationstraining als Therapieform angenommen und genutzt wird. Die Klienten werden dabei bewusst in eine neue/fremde Situation gebracht, um in die Konfrontation mit sich und ihrem Umfeld zu treten.
KONZEPT REGULATIONSTRAINING
Kurze Beschreibung:
Die Therapie ist für aggressionsgehemmte Patienten in der Gruppe ausgerichtet. Durch Inhalte eines Boxtrainings werden verschiedene therapeutische Aspekte spürbar gemacht und in gemeinsamer Arbeit reflektiert. Es werden verschiedene Boxtechniken, das Meiden. Blocken, Ausweichen, abgesprochene Technikabfolgen mit dem Partner und Laufschule vermittelt. Dabei steht die Interaktion mit einem Partner im Mittelpunkt. In der Regel übernimmt man sowohl den Part des Pratzenhalters, als auch den des aktiv Boxenden. Dadurch wird man gezwungen, sowohl geistig als auch körperlich in den Kontakt zu kommen, seinen Fokus auf sich und gleichzeitig den Anderen zu lenken. Es fordert von den Teilnehmern, Verantworten für sich und sein Handeln zu übernehmen. Das Leben im Hier und Jetzt ist die Vorraussetzung, um diesen Anforderungen gerecht zu werden. Der Anspruch an die physischen, psychischen und kognitiven Fähigkeiten ist dabei hoch, da Emotionen und Fähigkeiten willkürlich abgerufen werden und wenig Gelegenheit zur Vermeidung und/oder Kompensation zugelassen wird. Das gemeinsame Erleben in der Gruppe mit wechselnden Partnern ist dabei Vorraussetzung.
Teilnehmerkriterien:
- Aggressionsgehemmte Klienten mit Schwierigkeiten, ihre Emotionen wahrzunehmen, Spannungsgefühlen (ohne Ventil), Ausbleiben entlastender Kompensationen. (Schwerpunkt Depression)
- Physische Gesundheit, ausreichende Belastbarkeit
- Kognitive und sprachliche Fähigkeit, um Handlungsabfolgen, Trainingsanweisungen und Reflektionen zu verstehen
- Realistischer Einschätzung von Situationen
- Gruppenfähigkeit
Ausschlusskriterien:
- Körperliche Defizite, wie Rheuma, Arthrose, Herzleiden, WS- Beschwerden, ansteckende Hauterkrankungen und ähnliche akute oder chronische Erkrankungen
- Verständnisschwierigkeiten durch kognitive oder sprachliche Defizite
- Extreme Unsportlichkeit
- Komplette Verweigerung zu dem Thema „Auseinandersetzung & Konfrontation“ (machen das gemeinsame Arbeiten meist unmöglich).
- Extremes dissoziales Verhalten (machen das Arbeiten mit dem Partner zu gefährlich)
- Aggressiver Verhalten, Hang zu Wutausbrüchen
- Wahnhafte Phantasien und Verhalten, Verlust zu realen Bezügen und Realitäten
- Bei traumatische Erfahrungen mit Gewalt ist ein differenziertes Abwägen zwingend nötig.
Ziele:
- Lernen, aktiv zu sein,
- Verbessern des Selbstbewusstseins und des Selbstwertgefühls. Verbesserung der Körperhaltung, Körperwahrnehmung und eigenen Stärke.
- Freude vermitteln
- Fördert die Zusammenarbeit / Interaktion mit Anderen.
- (Soziale) Regeln einhalten – Prinzip der „Fairness & des Fair-Play“
- Durchhaltevermögen fördern
- Auseinandersetzen mit persönlichen Konflikten und Ängste.
- Durchsetzungsfähigkeit und Konfliktfähigkeit fördern, darin Ängste abbauen
- Konzentration, geistige Wachheit und Fokussieren, Kontakt auf sich und andere behalten.
- Lernen, dass JEDE Reaktion auch eine Aktion ist und eine Wirkung hat.
- Gegenseitiges Vertrauen erleben.
- Zeigt deutlich die Notwendigkeit und Möglichkeit sich abzugrenzen, seine persönlichen Grenzen zu setzen und bei anderen zu respektieren.
- Hemmungen werden abgebaut
- Regulation der Gefühle und dadurch Entlastung, Entspannung, Durchbrechen der Gedankenflut.
- Ventil gegen Spannungsgefühl, Aggression und Selbstverletzung
- Übertragen von Erfahrungen aus dem Regulationstraining in den Alltag
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